Kevin Schott

Kevin Schott schenkt einen Blick auf private Szenerien des Alltags, die mehr sind als nur flüchtige Momente. Höchst intim und ganz persönlich beschreiben sie doch unser aller Lebenswirklichkeit auf zutiefst berührende Weise. Die Malereien von Kevin Schott zeigen vermeintlich »kleine Szenen« aus einem privaten Alltag – eine Berührung, eine Umarmung, ein Freund, der Trost spendet, eine Person ruhend am Strand. Und dennoch sind die Szenen alles andere als banal. Auf unbestimmte Weise vermitteln sie eine tiefe Intimität, erlauben es dem Betrachter, ganz nahe an den Figuren zu sein. Die Stimmung ist oft ambivalent, vermittelt Geborgenheit und Weltschmerz, das Ankommen am Ende eines Weges oder den Aufbruch zu einer neuen Reise. Der 1991 in Osnabrück geborene Künstler lebt und arbeitet heute in Bochum. Seine künstlerischen Wurzeln liegen im Graffiti mit einem schnellen Malstil in urbaner Ästhetik, zwei Eigenschaften, die auch seine heutige Ölmalerei prägen.

Schott arbeitet oft in Serien, die es ihm ermöglichen, ein Thema umfassend zu bearbeiten, verschiedene Aspekte, Details, Varianten und Nuancen darzustellen. Prägnantes Merkmal seiner aktuellen Serie Enjoy the White sind die regelmäßig eingearbeiteten Negativräume, die die Wahrnehmung des Bildes maßgeblich mit bestimmen. Sie lenken den Fokus auf die für den künstlerischen Ausdruck relevantesten Bildelemente und bieten zugleich dem Betrachter einen Raum, die Leerstellen selbst zu füllen. Auch ohne Auslassungen werden Bilder von jedem Betrachter anders gelesen, bei Schott werden sie nun aber auch im geistigen Auge individuell ausgefüllt, ergänzt aus dem persönlichen Erfahrungsschatz zu einer Komposition mit Bezug zur eigenen Lebenswirklichkeit. Wer sich darauf einlässt, sollte sich des Risikos bewusst sein, denn die Bilder von Schott bergen die Gefahr, dass sie einen vollkommen unvermittelt auf einer tiefen, emotionalen Ebene berühren.

Die Leerstellen in den Bildern verstärken noch ein zweites Phänomen, das in allen Bildern der aktuellen Serie angelegt ist, denn sie betonen die Ambivalenz von Identitäten. Wir sind es im Alltag gewohnt, von dem Aussehen einer Person Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit, ihre Identität zu ziehen. In den Bildern von Schott beruht unser (Vor-)Urteil sogar nur auf wenigen Fragmenten einer Person, die wir zu einem Gesamtbild vervollständigen, ein lückenhafter Schnappschuss, zu dem wir uns selbst eine Geschichte erzählen in dem Bemühen, den Kontext zu deuten, die Gefühlslage der Figuren zu ergründen, um schließlich wohl doch eher einen verborgenen Aspekt von uns selbst zu erkennen.

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Kevin Schott offers a glimpse of private scenes from everyday life that are more than just fleeting moments. Highly intimate and very personal, they describe the reality of life for all of us in a deeply touching way. The paintings from Kevin Schott show what appear to be »small scenes« from a private everyday life – a touch, an embrace, a friend offering comfort, a person resting on the beach. And yet the scenes are anything but banal. In an indeterminate way, they convey a deep intimacy, allowing the viewer to get very close to the figures. The mood is often ambivalent, evoking both a sense of security and Weltschmerz, of arriving at the end of a path or setting out on a new journey. Born in Osnabrück, Germany, in 1991, the artist now lives and works in Bochum. His artistic roots lie in graffiti, with a rapid painting style in an urban aesthetic, two qualities that still characterise his oil paintings today.

Schott often works in series that allow him to explore a topic comprehensively, to present various aspects, details, variants and nuances. A striking feature of his current series Enjoy the White is the regular use of negative space, which plays a decisive role in the perception of the image. It draws the focus to the elements most relevant for artistic expression while also offering the viewer a space to fill in the blanks themselves. Even without leaving anything out, images are interpreted differently by each viewer. In Schott’s work, however, they are also individually filled in by the mind’s eye, supplemented from the viewer’s personal experience to create a composition that relates to their own reality of life. Those who engage with this should be aware of the risk, as Schott’s images harbour the danger of touching you completely unexpectedly on a deep, emotional level.

The blanks in the pictures reinforce a second phenomenon that is inherent in all the pictures in the current series, for they emphasise the ambivalence of identities. In our daily lives, we are accustomed to drawing conclusions about a person’s personality and identity from their appearance. In Schott’s images, our (pre-)judgment is based on only a few fragments of a person, which we complete to form an overall picture, a fragmentary snapshot to which we tell ourselves a story in an effort to interpret the context, to fathom the emotional state of the figures, and finally to unintentionally recognise a hidden aspect of ourselves.

»Meine Motive sind von zufälligen Alltagsszenen beeinflusst, die stets ein deutlich wahrnehmbares Bedürfnis zum Ausdruck bringen.«

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