Efraim Habermann

»Die Fotografie ist mein Werk, die Aquarelle sind meine Perlen.« So blickt Efraim Habermann heute auf seine künstlerische Arbeit, ein Werk aus einer mehr als 50-jährigen Schaffensphase.

Der heute 89-jährige Habermann wurde im Juni 1933 in Berlin geboren und verbrachte dort die ersten sechs Jahre seiner Kindheit. Nachdem die Eltern nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten gezwungen wurden, ihr Schuhgeschäft in Berlin Mitte aufzugeben, gelang der jüdischen Familie 1939 die Flucht nach Palästina. Habermann absolvierte dort eine Ausbildung als Technischer Zeichner, erlebte die Staatsgründung Israels und absolvierte kurz danach seinen Militärdienst als Technischer Zeichner bei der Israelischen Luftwaffe.

1957 kehrte er aufgrund eines gesundheitlichen Leidens des Vaters nach Berlin zurück. Was zunächst nur als vorübergehender Aufenthalt gedacht war, entpuppte sich als Lebensentscheidung – Habermann »blieb in Berlin hängen«, wie er es heute selbst formuliert. In der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen fand er eine Anstellung als Zeichner, wesentlich prägender für sein weiteres Leben sollte aber 1960 der Kauf seiner ersten Fotokamera sein. Fortan hielt er Stadtansichten der Berliner Nachkriegszeit fest und entwickelte dabei sehr schnell einen eigenständigen Blick und eine prägnante Bildsprache, geprägt durch ungewohnte Perspektiven und eine kontraststarke Inszenierung von Licht und Schatten, die durch eine bewusst zugelassene Körnigkeit seiner Schwarz-Weiß-Abzüge in besonderer Weise akzentuiert wird. Motive sind für ihn die Architektur Berlins ebenso wie Stillleben und Portraits, die Spuren des Krieges an der Fassade der Neuen Synagoge, einsame Friedhöfe und halb von den Wänden gerissene Plakate. Dabei wird jedes Motiv sorgfältig gewählt, wenn nicht gar konstruiert, die Perspektive präzise festgelegt. Habermann scheut auch nicht davor zurück, die rauen und tristen Seiten der Stadt festzuhalten, und obwohl Berlin die Stadt ist, aus der er mit den Eltern einst fliehen musste, verraten seine Fotografien den liebevollen, umarmenden Blick, mit dem er auf seine Motive schaut.

1968 wird die Arbeit Habermanns mit der Veröffentlichung eines Fotos der Neuen Nationalgalerie erstmalig einem breiten Publikum bekannt. Seitdem versteht er sich als professioneller Fotograf, es folgen zahlreiche Veröffentlichungen in verschiedenen Zeitungen und später auch Ausstellungen in Berlin, Tel Aviv und Chicago, unter anderem 1983 in der Nationalgalerie Berlin.

So wie zunächst in der Stadt Berlin findet er seine Motive später auch in Venedig und Israel, hält zahlreiche Stillleben fest und entwickelt mit der Frau im Bild eine ganz eigenständige Werkreihe aus Frauenportraits vor berühmten Gemälden wie dem Le Déjeuner sur l’herbe von Edouard Manet, mit dem diese Werkreihe begann. Vor allem seit den 1980er-Jahren widmet sich Habermann zusätzlich der Aquarellmalerei. Seine konstruktivistischen Motive, fast durchgängig in Postkartenformat, spiegeln sein Verständnis einer gelungenen Bildkomposition. Sie bilden ein eigenständiges Werk, helfen aber auch, dem Blick des Fotografen Habermann näher auf die Spur zu kommen.

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“Photography is my work; watercolors are my pearls.” This is Efraim Habermann’s view of his artistic work today, a body of work spanning more than 50 years.

Habermann, now 89, was born in Berlin in June 1933 and spent the first six years of his childhood there. After his parents were forced to abandon their shoe store in Berlin Mitte after the Nazis came to power, the family, who were Jewish, managed to flee to Palestine in 1939. Habermann trained there as a technical draftsman, experienced the founding of the State of Israel and shortly afterwards completed his military service as a technical draftsman in the Israeli Air Force.

In 1957 he returned to Berlin due to a health condition of his father. What was initially only intended as a temporary stay became a life-changing decision – Habermann “got stuck in Berlin”, as he himself puts it today. He found a job as a draftsman at the Senate Department for Building and Housing, but the purchase of his first camera in 1960 was to have a much more formative influence on his future life. From then on, he captured city views of post-war Berlin and rapidly developed a unique view and striking visual language, characterized by unusual perspectives and a richly contrasting presentation of light and shadow, which is accentuated in a special way by a deliberate graininess in his black-and-white prints. His motifs are the architecture of Berlin as well as still life images and portraits: the traces of war on the façade of the New Synagogue, solitary cemeteries and posters half-torn from walls. Each motif is carefully chosen, or even constructed, the perspective is determined with precision. Habermann does not shy away from capturing the raw and dreary sides of the city either and although Berlin is the city from which he once had to flee with his parents, his photographs reveal the loving, embracing perspective with which he views his subjects.

in 1968, Habermann’s work became known to a wide audience for the first time with the publication of a photo of the Neue Nationalgalerie. Since then, he has considered himself a professional photographer. Numerous publications in various newspapers followed and later, exhibitions in Berlin, Tel Aviv and Chicago too, including at the Nationalgalerie Berlin in 1983.

Just as initially in the city of Berlin, later he also discovers motifs in Venice and Israel, capturing numerous still life images and developing, with The woman in the picture, a fully autonomous series of works consisting of portraits of women in front of famous paintings such as the Le Déjeuner sur l’herbe by Edouard Manet, with whom this series began. Since the 1980s in particular, Habermann has also focused on watercolor painting. His constructivist motifs, almost entirely in postcard format, reflect his understanding of how to compose an image successfully. They form an independent body of work, but also help us to move closer to understanding the perspective of Habermann as a photographer.

»Die Fotografie ist mein Werk, die Aquarelle sind meine Perlen.«

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